Frau wendet sich von Mann ab nach Streit

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Lug und Betrug – Wie kann ich meine Ehe retten?

Seufzend vergräbt Ruth ihr Gesicht in den Händen. Ihr ist nach Heulen zumute, nach Schreien, danach Dinge an die Wand zu werfen, aber es hilft ja nichts. Sie richtet sich wieder auf, lächelt kurz ihren spielenden Kindern zu und setzt sich an den Laptop. Sie googelt: Wie rette ich meine Ehe? Morgens hatte Ruth erfahren, dass ihr Mann Lars sie betrog. Eine Rechnung für ein sehr romantisches Restaurant war aus seiner Tasche gefallen und mit ihr war er da nicht gewesen. Wutschnaubend hatte sie ihn daraufhin empfangen und er hatte genauso schnell wie sie die Beherrschung verloren und sie hatten sich angebrüllt.

Er schrie, dass er sich bei ihr nie wie ein richtiger Mann fühle und ihre Ehe jeglichen Tiefgang verloren hätte. Und Ruth hat ihm im Gegenzug entgegengeschleudert, dass sie gar keine Lust mehr auf das Desaster mit ihm hätte und er ein Versager sei. Gott sei Dank waren bei dieser Eskalation die Kinder nicht da, denkt Ruth im Nachhinein und allein bei der Vorstellung zieht sich eine Gänsehaut über ihren Körper.

Wenn Ruth ehrlich ist, weiß sie, dass sie schon lange nicht mehr glücklich mit Lars ist und sein Betrug war nur die Spitze des Eisbergs. In ihren Augen hat er einfach alles kaputt und sie jetzt auch noch zur betrogenen Ehefrau gemacht. Aber wenn sie an ihre beiden Kinder denkt und daran, wie schlimm es für sie selbst war, ohne Vater aufzuwachsen, weiß sie, dass sie nicht so leicht aufgeben wird. Sie will wissen, ob man eine Ehe trotz Betrug und Lügen überhaupt retten kann und findet heraus, dass eine miese Ehe nicht nur auf die Stimmung drückt, sondern auch das Herz und andere Organe angreifen kann.[i] Das kann und will sie einfach nicht mehr. Ihr ist klar: Lars und Sie müssen etwas ändern!

Wie findet man eine Lösung?

Bald ist Ruth tief versunken in allerlei Tipps und Tricks, die im Internet stehen, aber nirgends erkennt sie sich so richtig wieder. Sie ist nach wie vor so schrecklich verletzt, fühlt sich total allein und spürt giftige Gedanken in sich. Seufzend versucht sie zumindest Klarheit für ihren nächsten Schritt zu finden. Sie nimmt den Tipp an, erst einmal Ruhe in die aufgewühlten Gefühle einkehren zu lassen und spürt, wie dringend sie eine Auszeit nötig hat. Daher bittet sie ihre Mutter, die nächsten Tage auf die Kinder aufzupassen. Dann atmet sie tief durch und wählt auch Lars Nummer und bittet ihn, sich in einer Woche mit ihr zu treffen, nachdem beide über ihre Situation nachgedacht haben. Er stimmt sofort zu.

Lars hatte, kaum dass der Streit beendet war, gewusst, wie mies er sich verhalten hatte. Er war morgens seinem ersten Impuls gefolgt und hat sich vehement verteidigt. So war die Situation direkt eskaliert. Aber tief in seinem Innern weiß er, dass es besser gewesen wäre, mit Ruth früher darüber zu sprechen, wie er sich fühlt. Seit der Geburt ihrer Tochter war sie ihm immer fremder geworden. Kalt, abweisend, immer gestresst und sie ließ ihn kaum mehr an sich ran. Er hatte das Bedürfnis gehabt, sich zu beweisen, dass er ein toller Mann war. Nach allem ist er sich sicher: Um aus diesem Sumpf wieder rauszukommen, brauchen beide Hilfe.

Als der Tag des Gesprächs gekommen ist, stehen sich beide etwas ratlos gegenüber und ihre Zungen fühlen sich an wie Sandpapier. Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren? Lars erklärt ohne Umschweife, dass er seine Affäre beendet hat und Ruth bittet ihn darum, es den Kindern wegen noch einmal miteinander zu versuchen. Beide wissen nicht, ob es wirklich klappt, aber sind dennoch erleichtert, über den ersten gemeinsamen Schritt seit Langem.

Kann eine Paartherapie helfen die Ehe zu retten?

Ruth und Lars entscheiden sich für ein Beziehungswochenende und nie hätten nie gedacht, wo wirklich die Ursache ihrer Probleme steckte. Besonders die Freund- Feind Dynamiken in unserem Gehirn sind erhellend für sie, denn nun ist klarer, dass die ganze Zeit ihre Biologie miteinander gekämpft hatte. Eine tatsächliche Lösung ihrer Probleme war nach und nach immer in weite Ferne gerückt. Aber jetzt ist eine Wende möglich, denn Lars und Ruth erkennen: Wir sind keine Gegner, unsere schlechte Dynamik war unser Gegner! Sie lernen viel über sich selbst und finden daher ihre eigenen Lösungen.

Nachdem Sie das umgesetzt hatten, fühlten sie sich in der Beziehung wie erneuert:

1.

Dinge, die sie sich vom anderen wünschen selbst einzubringen!

Lars Bedürfnis nach mehr Sexualität versucht er umzukehren und versteht, dass Ruth die Kleinigkeiten schätzt. Mal ein liebevoller Blick, eine zärtliche Umarmung, ein gemeinsames Lachen und er zeigt Ruth bewusst, was für eine begehrenswerte Frau sie für ihn ist. Auch Ruth merkt, dass sie mit ihren ständigen Forderungen und dem Bedürfnis, immer recht zu haben, viel zu weit gegangen ist. Sie hörte einfach auf damit und wenn sie ein Bedürfnis hatte, schmiegte sie sich an ihn und erzählte ihm nur davon, ohne etwas zu erwarten. So gab sie Lars die Möglichkeit, dass auch er sich wieder einbringen mag und sie überraschen kann.

2.

echtes Interesse und die Aufmerksamkeit darauf, was der andere richtig gut macht!Selbstverständlichkeiten verschwinden, wenn der andere weg wäre.

Zu Anfang ihrer Ehe hatten Lars und Ruth nie ein Problem damit, sich gegenseitig zu sagen und zu zeigen, wie sehr sie sich lieben. Doch von beiden unbemerkt hat sich immer mehr der Alltag eingeschlichen. Noch während des Wochenendes beginnen beide wieder damit, sich mehr wertzuschätzen. Lars sagt Ruth, wie sehr er ihre idealistische Art und ihren Gerechtigkeitssinn liebt und Ruth sieht Lars wieder als den Mann, der er ist. Sie schmiegt sich an ihn und sagt ihm, wie großartig sie es findet, dass es ihm nie wichtig ist, was andere denken, sondern er immer sein Ding durchzieht. Eigentlich bewundert sie das an ihm, auch wenn ihr das manchmal peinlich war, aber sie hat es sich nur nie getraut, es zuzugeben.

Wenn das Glück wieder Einzug hält

Ruth und Lars erscheint es wie ein Wunder. Sie fühlen sich zwar, als wären sie mit Beginn des Beziehungswochenendes ein Jahr lang einen Marathon gelaufen, aber all die Anstrengung und der Mut sich wirklich zu zeigen, alles auf den Tisch zu legen, waren es wert. Obwohl zeitweise ihre gemeinsamen Kinder die einzige Motivation waren, überhaupt noch miteinander zu sprechen, sind sie jetzt umso erleichterter, dass sie wirklich wieder eine Chance sehen, als Paar zusammenzuwachsen. Ehrlich gesagt, waren sie fast ein wenig davon betroffen, dass sie so lange damit gewartet hatten.

Ruth und Lars überlegen jetzt abwechselnd kleine Besonderheiten, die dem anderen gefallen könnten und ständig liegt ein Knistern in der Luft. Sie sind über ihr Egoprogramm hinausgewachsen und haben echtes Interesse an den Bedürfnissen des anderen. Beide wissen jetzt, wie sehr es sich lohnt, in ein erfülltes Sexleben zu investieren.

Beide haben das Projekt Oxytocin ins Leben gerufen. Sie bauen wieder Kuschelhormone auf und dazu hilft nun mal nicht nur sich auszutauschen, sondern auch ihre Lust wieder mehr gemeinsam ausleben. So können beide ihre Bedürfnisse erfüllen und Nähe spüren. So bestätigen sie sich ihre Zusammengehörigkeit und Liebe.[ii]

An ihrem nächsten Hochzeitstag nach dem Beziehungswochenende versprechen Lars und Ruth sich ihre gemeinsame Beziehung nie wieder so zu vernachlässigen. Den Streitleitfaden haben sie in ihr Schlafzimmer gehängt und wenn es mal kracht, stehen sie beide davor und gehen Punkt für Punkt durch.

Im Notfall – Streitleitfaden:

Ich bin emotional!Mir fällt es gerade schwer, im Freund zu sein, aber ich übernehme Verantwortung für mich und gleiche es mit Sport, nach Draußen gehen, Wasser trinken oder entspanntem Durchatmen aus. Ich weiß, dass die Stresshormone im Körper jetzt ausgeglichen werden müssen. Das ist mein Job!

Ich sorge für mich!Ich nehme mir eine Auszeit und denke darüber nach: Was war jetzt mein Anteil daran, was tut mir leid? Bin ich mir sicher, dass der andere mich vorsätzlich verletzen wollte?

Ich will Freund sein!Während der Auszeit lege ich bewusst den Freund-Schalter um und gehe so auf den anderen wieder zu.

Ich will in Nähe und im Freund sprechen!Wir schenken uns die Möglichkeit in der Nähe und in Ruhe das Thema zu besprechen. Jeder versucht sich in den anderen reinzuversetzen und es mal mit seinen Augen zu sehen. Ist es dann wirklich wert, darüber zu streiten?

Ich will wieder lachen und mich wohl fühlen!Was können wir uns Gutes tun, um wieder gemeinsam zu lachen?

Bild: RonSachs/CNP/MediaPunch
[i] https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0022146514556893
[ii] https://www.svz.de/20065042