Paar wendet sich im Streit voneinander ab

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Soll ich gehen oder Bleiben? – Die Tücken der Entweder/Oder Entscheidung

„Himmel! Unsere ganze Beziehung ist doch nur noch ein großer Streit. Wir sollten einfach sagen: Aus! Vorbei! Das wars!“ brüllt Markus Claudia entgegen. All seine aufgestaute Wut wirft er ihr mit der Trennungsdrohung vor die Füße und rauscht zornschnaubend ab. Claudia bleibt zurück und sinkt wie in Zeitlupe auf das Sofa hinter sich. Sie zittert vor Zorn, Verwirrung und Verzweiflung. Ob Markus das wohl ernst meint? Will er sich tatsächlich trennen? Will sie selbst diese Beziehung noch? All ihre Emotionen schlagen sich Bahn und während Markus zwei Stockwerke unter ihr in seinem Büro auf und ab tigert, verkriecht Claudia sich weinend im Bett. Durch den in Wut herausgebrüllten Satz mündet ihre Beziehungsstraße plötzlich in eine Gabelung und ihnen wird bewusst, dass sie sich entscheiden können: Zusammen bleiben oder getrennt weiter gehen?Würden sich Markus und Claudia entscheiden, ihre jahrelange Partnerschaft zu beenden, lägen sie damit in so etwas wie einem traurigen Trend. Denn aktuell besteht die Tendenz dazu, schneller auseinanderzugehen als vielleicht früher noch. Auf der anderen Seite gibt wohl niemand eine Partnerschaft leichtfertig auf: Schlechte Gewohnheiten schleichen sich aber nach und nach in Beziehungen ein und können in einer Krise, wie jetzt beispielsweise durch Corona final hochkochen.

Was will ich – Gehen oder bleiben?

Nachdem Claudias Weinen langsam verebbt ist, steht sie aus dem Bett auf und geht dann in die Küche, um sich einen Beruhigungstee zu machen. Gedankenverloren steht sie vor dem Fenster und überlegt hin und her. Markus ausgesprochene Möglichkeit ist, als hätte er ihr eine Tür geöffnet und sie hat jetzt die Freiheit zu entscheiden, ob sie durchgehen möchte oder nicht. Sie spürt, wie ihre innere Verhärtung nachlässt. Der Panzer, der sich während der vielen Diskussionen immer härter um ihr Herz gelegt hatte, bekommt langsam Risse und sie streckt ihre Fühler wieder ein bisschen aus und merkt: Tief drinnen schlägt ihr Herz nach wie vor für ihren Mann. Sie stellt sich die Frage: Was wäre, wenn wir uns nicht gestritten, sondern Markus einen Unfall gehabt hätte, er nie wieder nach Hause gekommen wäre. Würde ich ihn vermissen? Claudia wird unruhig, denn ihr Herz schreit JA!

Auch aus Markus anfänglichem Auf- und Abrennen ist irgendwann ein langsames Gehen geworden und schließlich setzt er sich auf seinen Schreibtischstuhl und betrachtet das Foto, das ihn und Claudia in vergangenen Zeiten zeigt und schon seit Jahren als glückliche Erinnerung auf seinem Schreibtisch steht. Während er langsam über Claudias Fotogesicht fährt, merkt er, wie sich alles in ihm gegen eine Trennung sträubt. Seine Brust wird eng und er schüttelt sich bei dem Gedanken nicht mehr mit Claudia in ihrem gemütlichen und herzlichen Haus zusammenzuleben, sondern nach der Arbeit in eine karge, zweckmäßige Wohnung zu fahren. Aber was er sehr vermissen würde, wäre ihr Lachen. Gott, was haben wir früher miteinander Blödsinn gemacht und uns geneckt.

Ganz unabhängig voneinander haben sich Claudia und Markus dafür entschieden, bleiben zu wollen. Doch das ist nur der erste Schritt, denn im Augenblick sind sie nicht glücklich miteinander. Sie geraten sich ständig in die Haare und anstatt mal abends ein Glas Wein miteinander zu trinken, gehen sie sich momentan lieber aus dem Weg, um nicht schon wieder etwas Falsches zu sagen. Um herauszufinden, wie ein gemeinsames Glücklichsein funktioniert, steht am Anfang der Reise die Frage: Wer bin ich und was brauche ich? Menschen entwickeln sich unterschiedlich. Paare haben Seiten, da werden sie homogener, aber bei unterschiedlichen Alltagsdingen wie verschiedenen Jobs entwickeln sie sich auch unterschiedlich. Oder sie waren schon zu Beginn verschieden und das verstärkt sich immer mehr. Wer liebt, ist also auch mit der Andersartigkeit des Partners konfrontiert. Daher gilt es auch zu reflektieren: Der andere ist ein Geschenk! Wie bereichert er mein Leben und wie kann ich ihm entgegenkommen, ohne faule Kompromisse einzugehen.

Zusammenbleiben! – Aber wie? 

Auch wenn Markus tief in sich den Wunsch spürt, mit Claudia zusammen zu bleiben, so steht er doch ziemlich ratlos vor der Frage: Wie? Er weiß nicht so recht, ob sie überhaupt noch die Möglichkeit einer Weiterentwicklung als Paar haben. Wenn er ehrlich zu sich selbst ist, weiß er noch nicht einmal, wie er ihr nach dem großen Streit gegenübertreten soll. In Angesicht dessen sieht er sich in einer tiefen Hoffnungslosigkeit gefangen. Verzweifelt schlägt er die Hand auf den Tisch. Irgendwie muss es doch möglich sein zusammenzubleiben, aber glücklich! Er steht auf und sucht seine Frau.

Auch Claudia sucht in ihrem Kopf pausenlos nach einer Lösung. Sie spielt wieder und wieder ihre Ehe vor ihrem inneren Auge ab und überlegt sich, welche Abzweigung die Hauptfigur wohl nehmen würde, wenn dies ein Film wäre. Wirklich die mit Markus, oder sehnt sie sich nach etwas Neuem, dem Single-Leben, einem neuen Mann? Bei all diesen Gedanken merkt sie, wie wenig Freude sie an einem Leben ohne Markus hätte. Aber unglücklich ist sie im Augenblick auch mit ihm. Wie kann sich das ändern? Als Markus auf sie zukommt und sie darum bittet, miteinander zu sprechen, hat Claudia eine Idee: Wie wäre es mit der Suche nach Hilfe?

Gemeinsam weiter gehen

Claudia und Markus haben sich dafür entschieden, zu bleiben und ihrer Ehe eine Chance zu geben. Doch das möchten sie richtig angehen und entscheiden sich für ein Beziehungswochenende. Was sie dort erwartet, wissen sie noch nicht, aber eins ist klar, das Ziel ist Klarheit und einen neuen gemeinsamen Weg zu finden!

Wir als Paartherapeuten wissen, es geht sich deutlich leichter oder wird gemeinsam deutlich glücklicher, wenn man einmal die Platte putzt und seiner Beziehungsstrategie ein Upgrade gönnt.

Wir wünschen Ihnen von Herzen, dass Sie die für sich richtige Entscheidung treffen!

Ihre Sandra und Robert Hornsteiner

Auf einen Blick:

Soll ich bleiben…

Der eigene Rucksack bleibt:Oftmals spiegeln sich eigene frühere Verletzungen in der Partnerschaft wider. Auch wenn man diese beendet, bleiben die eigenen Wunden. Eine Partnerschaft hingegen kann die Möglichkeit einer Heilung bieten.

Kinder:Die gemeinsamen Kinder lohnen das Kämpfen!Nicht alles probiert:Wenn noch nicht alle stimmigen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, gibt es eine Chance!

Wachstum:Es gibt noch die Möglichkeit gemeinsam in der Beziehung zu wachsen

Nicht neu anfangen:Eine echte Partnerschaft und die wahre Liebe durchlebt Höhen und Tiefen. Daher lohnt es sich zu bleiben, auch um nicht immer wieder von vorn anfangen zu müssen, denn dauernder Neuanfang lässt einen auch nicht unbedingt das Ziel erreichen.

…oder gehen?

Zu Wund-Sein:Manchmal sind die Wunden zu tief, die Sprachlosigkeit zu groß und die Kommunikation schon zu lange zu verfahren.

Fehlende Selbstreflexion:Wenn keiner von beiden die Verantwortung für seinen Anteil übernimmt, ist es unmöglich eine stabile Ebene als Basis für eine glückliche Beziehung zu finden

Keine Weiterentwicklung:Wenn keine Bereitschaft da ist, sich als Paar weiterzuentwickeln, ist es besser eine unschöne Beziehung zu beenden

Falsche Hilfe von Außen scheitert:Trotz der in Anspruchnahme von Hilfe scheitert die Umsetzung in der Beziehung.Abhängigkeiten/ Süchte: Wenn es einem nicht gut damit geht und die Co-Abhängigkeit dazu führt, dass man sich selbst verliert.

Gewalt:Wenn der eine immer weiter macht und nichts ändern will! Jeder ist es wert respektvoll behandelt zu werden!

Bild: photographee.eu