Paar wendet sich im Streit voneinander ab

Datum

Wenn es zur Silberhochzeit kracht

Fluchend knallt Ralf die Karte eines befreundeten Paares auf den Tisch. Die beiden wollen ihre Silberhochzeit feiern und laden ihn und Ulrike herzlich dazu ein. Eigentlich sollte er sich über die Einladung freuen, aber in ihm löst sie nur Ärger aus. Er ist verletzt und wütend aufgrund des Verhaltens seiner Frau, der die eigene Silberhochzeit wohl nicht wichtig erscheint. Normalerweise hätte sie sich längst darum gekümmert, aber zurzeit scheint ihr alles belangvoller zu sein als ihre Ehe. Während er sich neben seinem durchgetakteten online Terminkalender plötzlich auch noch um Haushalt und Kinder kümmern muss, ist sie kaum mehr Zuhause. Bewusst provokant platziert er die Einladungskarte neben der Schlüsselablage und geht mit einer Mischung aus Wut und Unzufriedenheit zu Bett. Wenn Ulrike später kommt, soll sie ruhig merken, wie enttäuscht er von ihr ist.

Doch als Ulrike Stunden später vollkommen erschöpft das gemeinsame Zuhause erreicht, schaltet sie nicht einmal mehr das Licht ein. Sie steuert direkt auf den Wohnzimmersessel zu, lässt sich fallen, und hängt ihren Gedanken nach. Als Unternehmerin in Zeiten von Corona kommt sie zu kaum noch etwas anderem als Arbeit. Weil sie wirtschaftlich an der Wand steht, versucht sie neue Ideen umzusetzen. Das kostet Zeit und Energie. Die hat sie gerade nicht für andere Dinge, daher hatte sie gehofft Ralf könnte ihr die Planung für die Silberhochzeit abnehmen. Eigentlich ist sie sogar fest davon ausgegangen, schließlich hat sie in den letzten 25 Jahren neben dem Aufbau ihres Unternehmens jede einzelne Feier geplant und alle sozialen Verpflichtungen übernommen. Da wäre es wohl das Mindeste, dass er jetzt in diesen für sie so herausfordernden Zeiten auch etwas zum Sozialleben beiträgt. Ulrike legt stöhnend den Kopf in die Hände. Bei dem Gedanken daran, wie wenig Initiative von Ralf ausgeht würde sie am liebsten aus lauter Enttäuschung losheulen.

Getrennter Frust oder gemeinsame Kommunikation?

Ralf und Ulrike fühlen sich beide im Stich gelassen. Er ist zutiefst deprimiert, weil sie so wenig Interesse daran zeigt, ihre gemeinsame Zeit zu feiern. Sein Alltag ist im Augenblick enorm anstrengend und er wünscht sich in seiner Ehe ein entspanntes Miteinander zu erleben. Sie hingegen enttäuscht die fehlende Unterstützung ihres Mannes, der nicht selbstverantwortlich die Planung in die Hand nimmt. Ihre Arbeit im Unternehmen ist so intensiv und nervenaufreibend, dass sie insgeheim erwartet, mehr von ihrem Mann unterstützt zu werden.

Beide warten darauf, dass der jeweils andere einen Schritt auf sie zugeht. Sie sind sich sicher im Recht zu sein, ohne ihre Empfindungen mit dem Ehepartner ausdiskutiert zu haben. Eigentlich hatten sie sich auf die gemeinsame Feier gefreut, aber anstatt die Planung gemeinsam anzupacken und erfolgreich zu stemmen, vermeiden sie jedes Gespräch miteinander. Ralf und Ulrike haben in ihrer Ehe über viele Jahre hinweg Strukturen aufgebaut, die sie auch auf die jetzige Situation automatisch anwenden. Doch die Voraussetzungen haben sich geändert und das stellt die beiden vor eine noch völlig unbekannte Hürde, die sie in ihren über die Jahre angeeigneten Grundfesten erschüttert.

Aufeinander zugehen anstatt voneinander abwenden!

Ralf ist es, der zuerst über seinen Schatten springt. Bei einem anstrengenden Tag im Homeoffice bemerkt er, wie herausfordernd die berufliche Kommunikation online geworden ist. Es kommt öfter zu Missverständnissen als vor Ort im Büro, daher überlegt er, ob es nicht auch zwischen ihm und Ulrike zu Abstimmungsschwierigkeiten gekommen ist. Voller innerer Anspannung tigert er in der Küche auf und ab und bereitet er sich auf das Gespräch vor. Um den richtigen Rahmen zu finden, setzt er ihr eine Tasse Tee auf und hofft, dass sie nicht schon zu erschöpft ist, um sich auf das Gespräch einzulassen.

Ulrike ist überrascht und im Innersten berührt, als sie nach Hause kommt, denn Ralf ist noch wach und sitzt auf dem Sofa. Er hat ihr sogar eine Tasse Tee gemacht. Zum ersten Mal seit einer Weile hat sie das Bedürfnis, sich an ihn zu kuscheln. Erst recht, als Ralf sich dafür entschuldigt, in letzter Zeit so dünnhäutig und gereizt zu sein, und sie fragt, wie es ihr denn geht. Eine ganze Weile tauschen sie sich über ihre Empfindungen aus und bemerken dabei auch, dass sie die meiste Zeit aneinander vorbeigedacht haben. Sie versuchen daher, gemeinsame Lösungen für ihre Krise zu finden, anstatt weiter schweigend zu schmollen.

Die Planung der Silberhochzeit gehen sie dann mit neuem Elan und in Teamwork an. Auch hier stehen sie dank Abstandsregeln und Maskenpflicht vor besonderen Herausforderungen. Aber beide sind es gewohnt, kreative Lösungen zu finden. Ihre fruchtbare Zusammenarbeit und die klaren Absprachen machen das Fest schließlich zu einem unvergesslichen Erlebnis. Und Ulrike und Ralf feiern glücklich ihre 25 Jahre miteinander.

Egal wie lange man schon zusammen ist oder wie viel Zeit man schon miteinander verbracht hat. Die gemeinsame Arbeit an der Beziehung lohnt sich immer! Wir wünschen Ihnen, dass es gelingt.

Von Herzen, Sandra und Robert Hornsteiner

Bild: thodonal