Gerade noch war alles gut. Cleo und Tim standen in der Küche und haben gemeinsam gekocht und sich witzige Geschichten aus der Arbeit erzählt, als sie zu ihm meinte: „Wäre cool, wenn du dir nachher 10 Minuten nimmst, um dein Sportzeug aufzuräumen.“ Daraufhin hatte er sie angeknurrt: „Kannst du das nicht mal freundlicher sagen?“ und sie direkt schroff hinterher mit blitzenden Augen: „Was ist jetzt dein Problem? Was soll der Mist?“ Rums…aus dem idyllischen, freundschaftlich-gemeinsamen kochen wurde in Sekundenschnelle eine handfeste feindliche Keiferei. Wie wilde Tiere stehen sie sich jetzt gegenüber und drohen sich mit Blicken, bis einer wutschnaubend abzieht und den Kochlöffel mit Wucht in die Ecke pfeffert.
Da stellt sich doch die Frage: Was haben wir Menschen mit wilden Tieren gemein und wie kann man solche Situationen besser verstehen?
Was ist denn das Reptiliengehirn?
Fangen wir beim Primitiven also Ursprünglichen an: unserem Reptilienhirn. Das ist der älteste Hirnbereich des Menschen. Erst nach ihm hat sich das limbische System evolutionär weiterentwickelt und zuletzt das Großhirn, in dem heute unsere Intelligenz sitzt. [1] Das Reptiliengehirn bestimmt all unsere grundlegenden Lebensfunktionen: Herzschlag, Atmung, Verdauung, Muskelbewegungen und Instinkte. [2] Kurz gesagt: Es hält uns am Leben!
Aber was hat das jetzt mit gefühlsgeladenen Streitereien zu tun?
Unser Reptilienhirn steuert so auch instinktiv unseren Überlebensmechanismus bei Gefahr. Der besteht aus: Angriff, Flucht oder Totstellen. Und hierbei können Menschen wie Tiere nicht bewusst steuern, was wir als Angriff wahrnehmen und das ist zudem sehr individuell. Das passiert instinktiv und kann schon durch Mimik, Gestik, Tonfall oder eine innere Erwartung, dass jemand sich in einer gewissen Weise verhält, er es dann aber doch nicht tut, ausgelöst werden. Aber wir Menschen können trainieren, sich selbst sofort zu erkennen und zu neutralisieren.
Kurz am Eingangsbeispiel erklärt. Tim hat während des Kochens nicht mit der Aufforderung aufzuräumen gerechnet und sein Reptiliengehirn hat instinktiv auf Angriff geschalten und Cleo ihren Tonfall vorgeworfen. Ihr Reptiliengehirn wiederum reagiert auf den vorwurfsvollen Angriff sofort mit einem Gegenangriff. So stehen sie sich plötzlich nicht mehr wie Freunde, sondern wie Feinde gegenüber und greifen sich an! Das blöde dabei ist, das Reptilienhirn ist deutlich schneller als unser Großhirn, dass ja vernünftig Dinge besprechen könnte.
Wer den Feind umarmt, macht ihn bewegungsunfähig
Wenn wir im Freund sind, sind wir offen, entspannt, neugierig und interessieren uns für die Bedürfnisse des anderen. Das ist im Feindmechanismus so nicht möglich. Daher ist es wichtig, sich über diesen Mechanismus bewusst zu sein, um ihn bei Bedarf auch steuern zu können. Anstatt mit Worten weiter aufeinander einzuprügeln, ist es ratsam, die Biologie wieder zu beruhigen, zum Beispiel mit tief durchatmen oder einem großen Glas Wasser. Draußen an der frischen Luft, kann man die Wut mit Sport oder lauter Musik auf den Ohren wunderbar ausagieren. Mit einem kühlen Kopf und der Energie im Großhirn können wir unsere Probleme intelligent lösen, anstatt unseren Emotionen freien Lauf zu lassen und uns ohne Sinn zu streiten.
In diesem Sinne: Beherrsche den Tiger das Reptil in dir! ?
Gerade wir Frauen haben durch unsere tägliche Wundertüte der Hormone und Veränderung unserer Gefühlswelt eine besondere Herausforderung mit unserem Freund-Feind-Mechanismen. Hier können homonregulierende, pflanzliche Mittel wie Mönchspfeffer helfen und viel Bewegung.
Mit Spaß und Freude kann man gemeinsam super an dem Freund/Feindmechanismus arbeiten. Wir sind inzwischen bei maximal 5 Minuten. Wie heißt es so schön, „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“… ohne üben, kann sich auch nichts verändern. Also fangen wir an: Ziel ist es nicht wie Raubkatzen sich die Krallen ins Fleisch zu schlagen, sondern sich schnurrend aneinander zu reiben.
Ihre Sandra Hornsteiner
Auf einen Blick
- Unser Reptilienhirn kennt bei Angriffen drei Funktionen: Kampf, Flucht oder Totstellen.
- Diese nutzen wir instinktiv und ohne Absicht auch dann, wenn wir uns von unserem Partner angegriffen fühlen – wir rutschen in den Feind.
- Anstatt sich mit Gegenangriffen zu überhäufen und emotional zu streiten, ist es sinnvoll, sich über diesen Mechanismus bewusst zu werden – Wir wollen zurück in den Freund.
- Als Freunde gelingt es leichter, Probleme intelligent zu lösen.
[1] https://www.daskreaktiv.de/2019/08/20/reptilienhirn-im-griff/
[2]https://www.dguvlug.de/fileadmin/user_upload_dguvlug/Unterrichtseinheiten/Berufsbildende_Schulen/Selbstmotivation/BBS_2014_02_Infotext_2_Selbstmotivation.pdf
Bild: photocreo