Kind ist verzweifelt, weil die Eltern sich streiten.

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Wie vermeidet man ein Trauma durch die Trennung der Eltern?

Brennende Fragen von Unternehmerpaaren:

Klara saß vor mir und zitterte, sie war richtig aufgeregt und schielte besorgt in die Zukunft. Ihr Mann Thomas und sie standen vor der Trennung, aber beide haben drei gemeinsame kleine Kinder und sie möchte die Drei auf keinen Fall belasten. Daher war Klara auf der Suche nach einem Fahrplan, wie beide verhindern können, dass ihre Kinder durch ihre Trennung traumatisiert werden. Während ich ihre Fragen beantwortete, wurde mir klar, dass ich diese Antworten auf Klaras brennenden Fragen auch mit euch teilen möchte, da es 2019 allein in Deutschland 122.000 Scheidungskinder gab [1] und mir der Schutz dieser Kinderseelen besonders am Herzen liegt.

Ja wir sind Eltern, aber als Paar haben wir einfach keine Zukunft mehr. Ist es denn überhaupt in Ordnung, wenn wir uns trennen, oder müssen wir zusammenbleiben?

Niemand MUSS zusammenbleiben, aber bevor Sie Ihre Kinder mit einer möglichen Trennung konfrontieren, sollten Sie für sich völlige Klarheit finden, ob das Auseinandergehen der richtige Weg ist. Dazu gehören Gespräche über die Ursachen der Trennung, möglichst in Ruhe und an einem neutralen Ort. Grundsätzlich markieren Trennung und Scheidung den Schlussstrich unter einem Zusammenleben, das keine Zukunft mehr hat, aber sehen Sie auch die neuen Chancen. Natürlich stehen auf der einen Seite Schmerz und Abschied, auf der anderen aber auch Erleichterung und Hoffnung. Daher ist die wichtigste Botschaft an Eltern, die mit dem Gedanken an Trennung hadern: Studien belegen, dass auch Scheidungskinder glücklich sein können und in den allermeisten Fällen wachsen sie wie andere Kinder auch zu zufriedenen und leistungsfähigen Erwachsenen heran. [2]

Wie schaffen wir das denn, „Eltern bleiben, ohne ein Paar zu sein?“

Legen Sie Regeln fest. Besprechen Sie die wichtigen Grundprinzipien ihrer Erziehung und schließen Sie feste Vereinbarungen. Wichtig ist, dass hierbei klar verabredet wird, was für alle Beteiligten wichtig ist. Also zum einen für Sie und ihren ehemaligen Partner, aber auch die Bedürfnisse der Kinder müssen respektiert werden. Finden Sie auch eine Lösung für Probleme der Zukunft. Machen Sie beispielsweise einen Plan, wie Sie sich künftig über die Kinder austauschen, aber auch wie Sie sich vor den Kindern begegnen: respektvoll und freundlich.

Wie sage ich das den Kindern denn am besten? Was, wenn für sie eine Welt zusammenbricht?

Sprechen Sie ehrlich, aber kindgerecht mit ihren Kindern. Sagen Sie ihnen, dass ihre Eltern sich nicht mehr verstehen, dabei können Kinderbücher zum Thema helfen oder Beispiele aus dem eigenen Leben der Kinder: „Früher hast du doch gerne mit Tom gespielt, aber heute nicht mehr. Trotzdem könnt ihr noch in den gleichen Kindergarten gehen…so ist das bei Mama und Papa jetzt auch. Wir verstehen uns nicht mehr, können aber trotzdem deine Eltern bleiben.“

Wichtig ist dabei: Ihre Kinder wollen weiterhin beide Elternteile lieben, also halten sie Paar-Differenzen und Urteile aus dem Gespräch heraus. Die Kleinen werden unter der Trennung leiden, davor kann man sie nicht schützen, denn sie bedeutet den Verlust eines Elternteils im Alltag und den Verlust des Gefühls einer intakten Familie. Daher geben sie ihren Kindern Zeit, die Trennung zu verarbeiten, auch wenn das mit Entwicklungsrückschritten einhergehen kann. Sagen sie nicht: „Du musst jetzt stark sein…“, sondern: „Ich weiß, dass es dich traurig macht. Wir sind beide weiter für dich da und trösten dich…“

Welche Fehler kann ich denn machen? Was sollte ich unbedingt vermeiden?

Zunächst einmal: Vermeiden Sie bei ihren Kindern einen Loyalitätskonflikt auszulösen. Sie haben zwei Elternteile und das Recht, beide aus vollem Herzen zu lieben. Also behalten sie ihre Differenzen auf der Paarebene und ziehen sie nicht in die Elternebene hinein. Außerdem: Lassen Sie ihre Kinder nicht allein bei der Verarbeitung. Die Änderung des Alltags kann Kinder verunsichern und Kinder sind auf viel Zuwendung angewiesen, auch wenn die Erwachsenen gerade viel mit sich selbst zu tun haben. Und: Bleiben Sie klar und konsequent. Vielleicht haben ihre Kinder das Bedürfnis, den Grund der Trennung mehr als einmal zu hören oder sie zu verkuppeln. Bleiben sie bei ihrer ursprünglichen Version, aber kommunizieren Sie ihrem Kind auch, dass sie sein Bedürfnis verstehen.

Und wie mache ich das?

Sie können ihren Kindern beim Wechsel in den neuen Alltag helfen, indem sie verlässliche Zeiten absprechen, um den Kindern eine Regelmäßigkeit und Sicherheit zu geben. Halten sie diese auch ein, wenn ihre Kinder sich einmal sträuben. Wenn dies öfter vorkommt: Finden sie vorsichtig heraus, was das Problem ist. Bleiben sie aber positiv, sollte das Kind sich über den Ex-Partner beschweren, machen sie ihn nicht schlecht. Neutralität gibt es hier nicht. Ihre Kinder sind ja nicht blöd. Wenn es etwas mit dem Ex-partner zu klären gibt, aufgrund dessen was die Kinder zu Ihnen sagen, machen Sie das unter vier Augen. Ich denke, wichtig ist die Haltung dahinter. Erkennen Sie: „Ich mag meinen ehemaligen Partner zwar als Partner unmöglich finden, unser Kind hat ihn aber sehr lieb!“ Das hilft feinfühlig, die Signale des Kindes wahrzunehmen und ohne eigenen Frust darauf zu reagieren und Ihr Kind ernst zu nehmen. Dabei helfen Bücher oder auch Seminare, in denen der Kontakt zu anderen Trennungskindern hergestellt werden kann.

Ich bin sicher, dass ich mich lieber trennen will. Aber Thomas will eigentlich noch an unserer Ehe festhalten. Was wenn es schwierig wird mit ihm im Freund über die Kinder und ihre Bedürfnisse zu sprechen?

Es ist nicht einfach, wenn die Trennung nur von einer Person ausgeht. Trennung und Scheidung verlangen eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen, Enttäuschungen und Erwartungen. Oft hat einer der beiden Elternteile den Eindruck, ungerecht behandelt worden zu sein und kann das an den Kindern indirekt auslassen, indem er sie auf eine Seite ziehen will oder den eigenen Groll nicht verarbeitet und das als Neutralität verkauft. Hierbei empfehle ich: Holen Sie sich Hilfe! Ob das nun ein Therapeut oder eine Person aus dem Bekanntenkreis ist, spielt keine große Rolle, wichtig ist aber: Diese Person muss neutral und Pro funktionierendes System sein. Sie kann als Mediator helfen, den Trennungsschmerz und die Verarbeitung für die Kinder auseinanderzuhalten.

Wenn Ihr ehemaliger Partner total blockiert und beginnt, die Kinder aufzuwiegeln und zu benutzen, geben Sie nicht auf, sondern versuchen Sie in Ruhe ein Gespräch zu führen. Vermitteln Sie: „Lass es uns für die Kinder anders machen.“ Wenn auch das nicht hilft, gibt es vielleicht Fürsprecher in dem Familie- oder Freundeskreis, die als Mediator positiv und beschwichtigend unterstützen. Helfen Sie aber auch Ihren Kindern bei der Einordnung, für Sie ist es sehr schwer mit einem verletzten Elternteil umzugehen.

Mir ist es sehr wichtig zu sagen: Machen Sie es den Kindern nicht unnötig schwer. Anstatt sie spüren zu lassen oder ihnen gar zu erzählen, wie sehr Sie unter der Trennung von Ihrem ehemaligen Partner leiden, signalisieren sie lieber: „Ich schaff das! Du kannst ganz Kind sein und dich freuen auf schöne Zeiten einzeln mit mir und deinem Papa.“

Ein Freund von mir musste nach der Trennung erleben, wie seine Ex-Partnerin die Kinder gegen ihn aufgewiegelt hat. Was mache ich, wenn mir das auch passiert?

Die wenigsten Trennungen gehen in seliger Eintracht und komplett friedlich über die Bühne. Im Gegenteil: Sie sind begleitet von giftigen Gedanken, auch im Hinblick auf die Kinder. Wie beispielsweise: „Na großartig, der kann sich jetzt ausleben und muss nur alle zwei Wochen für zwei Tage die Kinder nehmen, während ich alles auf einmal stemmen muss.“ Das Resultat davon ist oft, dass Kinder, die spüren, wie Sie leiden, beginnen zu lügen, um Sie nicht zu verletzen. Sie sagen Dinge wie: „Bei Papa ist es gar nicht schön!“ und erfinden Ausreden. Das führt aber dazu, dass Kinder selbst heftige Verlustängste entwickeln können. Diese manifestieren sich dann, denn die Kinder glauben ihre eigenen Gedanken ohne Abstand dazu zu haben. Das kann dann im Erwachsenenleben dazu führen, dass Kinder die Verlustängste auf die Partner übertragen.

Eltern dürfen sehr vorsichtig mit Kinderseelen umgehen, denn sie können langfristige psychische Störungen entwickeln, wenn sie instrumentalisiert und von einem Elternteil gegen den Ex-Partner als Waffe eingesetzt werden. Langzeitstudien aus den USA zeigen, dass Kinder, die in einer solchen Atmosphäre aufwachsen, öfter soziale Phobien oder Suchtverhalten entwickeln und stärker suizidgefährdet sind. [3] Daher eignet sich der Umgang mit dem Kind auf keinen Fall dazu, dem anderen Etwas zu beweisen oder Konflikte auszutragen. Eltern sollten gemeinsame Lösungen finden, die langfristige Perspektive bieten und welche die Bedürfnisse des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Ist Ihr Ex-Partner auch nach wiederholten Versuchen dazu nicht bereit, kann auch das Jugendamt eine positive Unterstützung gewährleisten.

Gelassenheit ist der Schlüssel. Fokussieren Sie beide sich auf die Kinder und gestalten Sie positive Momente, damit sie die Trennung verarbeiten. Eine positive Nachricht habe ich auch: Im Jahr 2017 gaben dabei rund 59 Prozent der Befragten an, dass Absprachen bezüglich ihres Kindes gut funktionieren. [4]

Was wenn meine Kinder doch Auffälligkeiten zeigen? Verschlossener werden, oder manipulativ?

Oft denken Kinder, sie hätten etwas falsch gemacht und das führte zur Trennung der Eltern, daher sagen Sie beide ihrem Kind klar: Es ist nicht deine Schuld! Und bleiben Sie beide in ihrer Erziehung konsequent, auch wenn sie sich selbst möglicherweise dem Kind gegenüber schuldig fühlen, da es unter Ihrer Trennung leidet. Wenn man beginnt, dem Kind plötzlich mehr durchgehen zu lassen, bereitet man ihm damit nur eine kurzfristige Freude. Langfristig aber verursacht man ein neues Problem durch die fehlende Klarheit. Denn so muss das Kind sich nicht nur eine neue Situation kennenlernen, sondern auch die neuen Grenzen. Daher: Authentizität ist der Schlüssel! Lassen Sie sich also nicht auf die Manipulationsversuche ihrer Kinder ein, sondern nehmen sie die Kleinen in den Arm und zeigen ihnen positive Wege und ein gutes Miteinander auf.

Grundsätzlich:

Es ist wahr – man kann bei einer Trennung mit Kindern viel “Mist” bauen, aber man kann auch trotz Trennung alles richtig machen!

Für ihre Kinder ist enorm wichtig, dass Sie glücklich sind.  Also sorgen Sie sich um sich, die Verarbeitung der Beziehung und Trennung und machen Sie auch dafür auf sich selbst zu reflektieren. Was war mein Anteil, was kann ich in der nächsten Beziehung besser machen. Werden Sie wieder glücklich, dann sind es auch ihre Kinder.

Versuchen Sie den Kindern zuliebe immer wieder mit ihrem ehemaligen Partner in den Freund zu kommen!

Ich wünsche Ihnen, dass es gelingt.

Ihre Sandra Hornsteiner

Büchertipps:

Für die Kleinen – Zur besseren Verarbeitung:

  • Jeanette Randerath: Fips versteht die Welt nicht mehr. Wenn Eltern sich trennen
  • Brigitte Weniger, Christian Maucler: Auf Wiedersehen, Papa
  • Claire Masurel, Kady MacDonald Denton: „Ich hab euch beide lieb“
  • Barbara Dietrich: „Ich brauche euch doch beide“ – Scheidung tut weh – Ein Trostbuch
  • Julia Weißflog (u.A): Zwei Zimmer für Cleo
  • Baumbach, Martina: Und Papa seh ich am Wochenende

Für die Eltern – Zur besseren Vorbereitung:

  • Remo H. Largo, Monika Czernin: Glückliche Scheidungskinder. Trennungen und wie Kinder damit fertig werden
  • Jos Willems, Birgit Appeldoorn, Maaike Goyens: Als Paar getrennt – Als Eltern zusammen – Wie eine gemeinsame Erziehung nach Trennung gelingt
  • Jutta Martha Beiner: Mut zur Trennung: Plädoyer für eine mutige und produktive Entscheidung – Kinder brauchen Aufrichtigkeit

Weitere spannende Blogbeiträge

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/484867/umfrage/anzahl-minderjaehrige-scheidungskinder-in-deutschland/

[2] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/95504/1302956aa5ea7b72f92db98d4ad54c68/wegweiser-trennung-scheidung-data.pdf

[3] focus.de/familie/psychologie/wenn-eltern-sich-trennen-sind-scheidungskinder-beziehungsunfaehig_id_3832093.html

[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/762068/umfrage/absprachen-mit-ehemaligen-partner-mit-dem-man-ein-kind-hat/

Bild: Romolo Tavani