Paar wendet sich im Streit voneinander ab

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Richtig streiten – Die Tücken eines fairen Wortgefechts

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“– Albert Einstein –

Fluchend schlägt Florian die Haustür hinter sich zu und tigert dann auf dem Rasen des Vorgartens auf und ab. Jedes Mal genau das gleiche! Normalerweise würde er sich jetzt mit seinem besten Freund in die Kneipe setzen und bei einem Bier den Streit mit Sonja aus seinen Gedanken verbannen, aber dank des Lockdowns bleibt ihm diese Ausweichmöglichkeit verwehrt. Obwohl er keine Idee hat, wohin er eigentlich fahren möchte, steuert er auf sein Auto zu und lässt den Konflikt in seinen Gedanken Revue passieren.

Es hatte begonnen wie oft in letzter Zeit. Seine Socken lagen noch auf dem Boden und Sonja hatte ihm zu verstehen gegeben wie genervt sie davon war. Das brachte ihn direkt auf die Palme. War es denn so schwer ihn freundlich zu bitten, sie wegzuräumen? Und keine zwei Minuten später hatten sie sich, ausgehend von einem Paar dreckiger Socken, alles an den Kopf geworfen, was sie finden konnten. Sie diskutierten über die viele Arbeit, die Finanzen, die Kinder und natürlich die Schwiegereltern. Wäre er nicht irgendwann vollkommen unter Strom stehend geflüchtet hätten sie sich wahrscheinlich auch noch darüber gestritten, ob es draußen nun regnet oder die Sonne scheint, anstatt einfach aus dem Fenster zu sehen.

1. Eingefahrene Muster durchbrechen

Florian hat den Wagen schon gestartet als ihm klar wird, dass er diesmal nicht so auseinandergehen will. Im Normalfall wäre er heute erst spät wieder gekommen und morgen früh hätten sie sich beim Frühstück mit den Kindern so verhalten, als wäre nie etwas geschehen. Und innerlich wäre er Sonja dabei am liebsten direkt wieder fast an die Gurgel gegangen, aufgrund von all der unterdrückten Wut in ihm. Doch diesmal will er lieber in Ruhe noch einmal über alles sprechen. Also steigt er aus dem Wagen aus und geht zurück ins Haus, wo er seine von seiner Rückkehr völlig überraschte Frau antrifft.

Sonja ist über ihre ständigen Streitereien ebenso unglücklich wie Florian. Jeder erneute Streit verunsichert sie weiter und sie fragt sich, wie sie diesem Abwärtstrend endlich ein Ende bereiten können. Gemeinsam überlegen sie sich eine Strategie, um ihr bisheriges Muster zu durchbrechen und Konflikte künftig auf eine nachhaltigere Art auszuräumen. Ihnen fällt dabei auf, dass sie zwar sehr viel Zeit damit verbringen sich gegenseitig unschöne Dinge an den Kopf zu werfen aber nur sehr wenig damit ihre Probleme wirklich zu klären und sich für zugefügte Verletzungen, absichtlich oder nicht, zu entschuldigen.

Mann hilft Frau auf Berg Silhouette Berge
Gemeinsam kann man die Konfliktberge bezwingen. (Bild: blasbike)

2. Aufeinander zugehen – Miteinander austauschen

Sonja und Florian brechen ihr Streitmuster damit, dass sie erstmals mehr Energie in gemeinsame Lösungen investierten als in das gemeinsame Drama. Anstatt wie früher die Nacht getrennt von- und im Zorn aufeinander zu brodeln und am nächsten Morgen so zu tun als sei nie etwas gewesen, nutzen sie die Zeit, um sich stundenlang auszutauschen. Sie setzten sich gemeinsam hin und besprechen ihre Emotionen hinter den Gefühlsausbrüchen.

Ein wichtiges Signal für beide ist zu verstehen, warum der jeweils andere bei einer vermeintlichen Kleinigkeit stark reagiert. Sonja fühlt sich in Zeiten von Corona zuhause eingesperrt und plötzlich fallen ihr daher herumliegende Socken viel mehr auf. Florian, der in der Krise den Druck in seiner Firma wachsen sieht, fühlt sich durch ihre Kritik gerade besonders schnell persönlich angegriffen. Als sie miteinander über ihre Gefühle sprechen ist es wieder möglich Verständnis für den anderen aufzubringen, anstatt ihn zu verurteilen.

Auch über die Themen, die immer wieder bei ihnen aufkommen sprechen sie nun miteinander in neuem Verständnis. Sie versetzten sich in die Emotionen ihres Partners und nehmen sich die Zeit ihre Konflikte aufzuklären, anstatt auszuschweigen.

3. Richtig streiten lernen

Wenn es wieder einmal zu Reibereien kommt, so wollen Sonja und Florian sich gegenseitig zu verstehen geben, dass sie gerade emotional reagieren und sich die Zeit nehmen, die eigenen Empfindungen zu verstehen. Nachdem beide erst einmal tief durchgeatmet haben und sich Gedanken über ihr Verhalten, ihre Reaktionen und Emotionen gemacht haben möchten sie sich aussprechen und die Zeit nehmen eine Lösung, oder einen Kompromiss zu finden mit dem sich beide gut fühlen.

Sonja und Florian verbringen eine anstrengende Nacht mit vielen intensiven Gesprächen, aber auch voller Zuneigung und Nähe. Als sie am nächsten Morgen müde aufstehen, um mit ihren Kindern zu frühstücken ist es, als hätte sie eine Euphorie ergriffen. Die Zeiten in denen sie nach einem emotionalen, kopflosen Streit geschmollt hatten und am nächsten Morgen heile Familie spielten, sind vergangen. Nun lächeln sie sich über den Frühstückstisch hinweg zu und fühlen sich glücklicher und gelöst.

7 Schritte zu einer neuen Streitkultur:

  1. Signal senden: Ich bin gerade emotional!
  2. Zurückziehen: Ich brauche Zeit für mich!
  3. Emotionen klären: Was fühle ich?
  4. Verhalten reflektieren: Was tut mir leid? Was kann ich besser machen?
  5. Vorteile sehen: Was hätten wir davon, wenn wir unseren Konflikt klären?
  6. Austauschen: Miteinander in Ruhe sprechen! Tipp: Nicht gegenübersitzen, sondern in gleiche Richtung gehen oder sehen
  7. Gegenseitige Zusagen: Wie fühlen wir beide uns gut?  Was kann wer ändern?

Wir hoffen, Sie können ihre Konflikte in einem offenen Austausch miteinander klären und einen neuen Fokus auf die wunderbaren Seiten ihrer Beziehung legen!

Von Herzen, Sandra und Robert Hornsteiner

Bild: georgerudy